Die lange und ereignisreiche Geschichte der Pfarre, die Geschichte der Kirche, die Glocken, unsere Seelsorger.
Die lange und ereignisreiche Geschichte der Pfarre, die Geschichte der Kirche, die Glocken, unsere Seelsorger.
Die Martinskirche ist wohl eine königliche Gründung des 9. Jh. und dürfte als Besitz des Klosters Kremsmünster an Passau gekommen sein. Sie war zunächst kirchliches Zentrum für den Raum der Großen Tulln. Im 11. Jh. wurden Tulln und Zwentendorf selbständige Pfarren, Neulengbach wurde um 1200, Judenau um 1400 und Asperhofen um 1680 ausgeschieden. Nach einem schweren Erdbeben mit Zerstörungen an Kirche und Pfarrhof wurde Abstetten von Tulln administriert und 1647 Vikariat von Tulln; seit 1901 ist Abstetten wieder selbständige Pfarre. 1987 feierten wir 1000 Jahre Abstetten und 850 Jahre Pfarre Abstetten.
Chronologie und Geschichte der Pfarre
Abstetten ist eine jener wenigen Urpfarren, mit denen der Aufbau einer kirchlichen Struktur in NÖ begann. Der Name Abstetten leitet sich von „Abbatesteti“ ab und bedeutet „Stätte eines Abtes“. Dies geht auf ein Kloster zurück, das hier Missionsarbeit leistete.
Mit großer Wahrscheinlichkeit war es Kremsmünster, das bald an Passau kam, was die enge Bindung an Passau erklären kann.
796: Karl d. Gr. besiegt östlich von Wien die Awaren. Um sein Reich vor weiteren Angriffen aus dem Osten zu schützen, gründet er eine Grenzmark und teilt das Land unter Bischöfen und Äbten auf. Diese sollten hier missionieren, roden und kolonisieren. So geschah es auch bei uns am Unterlauf der Großen Tulln.
907: Einfall der Ungarn, die Grenzmark wird ca. 50 Jahre von den Ungarn beherrscht, schwerer Rückschlag (die Ungarn waren noch heidnisch)
955: Am 10. August Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg, Niederlage der Ungarn, Rückzug in den Wienerwald
976: Die Babenberger übernehmen die Mark im Osten, systematischer Ausbau in allen Bereichen, die Gr. Tulln ist Grenzfluss zu Ungarn, „Ungarnhaag“ (Grenzverhau aus Holz, Gebüsch, Gräben…)
987: erste schriftl. Erwähnung – auf einem öffentlichen Gerichtstag wird festgestellt, welche Orte vor 907 zu Passau gehört haben, darunter „Abbatesteti“ mit Allem, was von Rechts wegen dazugehört.
1014: Rückzug der Ungarn
1137: Erste Nennung eines Pfarrers von Abstetten – Duringus von Polheim schenkt dem Stift Garsten zwei Weingärten und einen Acker bei Herbstgraben (nahe Raipoltenbach). In der Folge entstehen die Pfarren Sieghartskirchen, Neulengbach und Michelhausen.
1324: Der Passauer Bischof erhält Zehente und den Dienst von der Wehre bei der Mühle in Abstetten.
1368: Hans Trauner ist Pfarrer von Abstetten, eine schillernde Figur. Er verteidigt seinen Herrn gegen Angriffe der Passauer Bürger. Das Geschlecht Abensberg-Traun existiert bis heute, die Traunergasse erinnert an diesen Pfarrer.
Der große Grundbesitz unserer Pfarre wird für sie immer mehr zum Verhängnis. Es geht immer um die Einkünfte aus den Gründen. Im Laufe des 15. Jhs. wird die Pfarrkirche auf ihre heutigen Ausmaße gebracht: Massiver Wehrturm ohne Eingang zu ebener Erde, Hauptschiff mit niedrigerem Seitenschiff rechts, Chor mit Sakristei an der linken Seite, noch kein Oratorium.
1529: Erste Türkenbelagerung – Henzing und Ranzelsdorf sind schwer betroffen. Die Lehren der Reformation greifen um sich: Spaltung, Streit und Verwirrung entzweien die Menschen.
1567: Thomas Heiß führt den lutherischen Gottesdienst ein.
1584: Der Kremser Pfarrer Christoph Villanus übernimmt auf Wunsch Klesls die Pfarre Abstetten.
1590: Ein heftiges Erdbeben zerstört Kirche und Pfarrhof in Abstetten. Der Wiederaufbau dauert bis 1593 und wird durch Nachbeben gestört.
Nach 1600 setzt sich die Gegenreformation durch.
1645: Abstetten wird mit der Pfarre Tulln vereinigt und von da an durch Vikare versehen. Pfarrer beider Pfarren ist der Passauer Weihbischof mit Sitz in Wien. Er ist für den nö. Teil der riesigen Diözese Passau zuständig. Diese Konstruktion dauert selbst nach Errichtung der Diözese St. Pölten noch bis 1901 an. Die Einkünfte für den Weihbischof wurden auf diese Weise erhöht.
In der Seelsorge helfen Franziskaner aus Neulengbach und Tullner Minoriten aus.
1683: Zweite Türkenbelagerung – Überfall am 31. Juli, Kirche und Pfarrhof in Brand gesteckt, Bewohner getötet oder verschleppt. Der Wiederaufbau zieht sich hin, weil alle Einkünfte nach Tulln abgeliefert werden müssen.
1695: Bruderschaft zur ewigen Anbetung der hl. Eucharistie durch Vikar Wilhelm Merz errichtet, später die „Christenlehrbruderschaft“, neue Einrichtung für die Kirche im Lauf des 18. Jhs.
1783: Errichtung der Pfarre Judenau
1785: Errichtung der Diözese St. Pölten, Ende der langen Verbindung mit Passau, der Abstettner Lehrer Josef Altbart wird erster Domorganist an der neuen Kathedrale, „josephinische Staatskirche“
1809: Franzosenkriege – Pfarrvikar Kaspar Buck wird von den Franzosen in der Unterhose aus dem Dorf gejagt.
1848: „Bauernbefreiung“ - Dietersdorf baut zum Dank eine Kapelle.
Kaiser Franz Joseph, liberale Ideen werden unterdrückt, können aber nicht aus der Welt geschafft werden.
1876: Neues Schulhaus in Abstetten, das Bildungswesen entfernt sich mehr und mehr von der Kirche.
1901: Wiedererrichtung der Pfarre Abstetten nach 256 Jahren
1918: Ende der Monarchie, Gründung der Republik Österreich, noch immer josephinisches Staatskirchentum
1938: Anschluss – alle Abstettner stimmen für Ja - Pfr. Klingenbrunner wird bei der GESTAPO angezeigt
1940: Im Pfarrhof Abstetten wohnen "Totenkopfdivisionäre“.
1942: Abnahme der Glocken, nur die kleinste bleibt erhalten.
1945: Einige Artillerietreffer am Kirchturm, zerbrochene Fenster, im Pfarrhofgarten grasen an die 100 Kühe, Morde und Selbstmorde…
1949: Weihe der neuen Glocken
1952: Fahrt der Pummerin nach Wien
1955: Tod von Pfr. Endl, der Bischofskoadjutor Dr. Franz König besucht aus diesem Grund den Abstettner Bürgermeister. Im folgenden Jahr wird Franz König Erzbischof von Wien.
1966: Umfangreiche Generalsanierung von Kirche und Pfarrhof unter Pfr. Johannes Nemeth, in der Folge Umsetzung der Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils, rege Beteiligung der Menschen in der Pfarre, große Probleme mit dem Kirchenfriedhof stören die Seelsorgearbeit
1997: Pfr. Nemeth kehrt als Pensionist in seine Heimat Ungarn zurück. Im Pfarrhof Abstetten wohnt nun kein Pfarrer mehr. Abstetten wird von Königstetten aus versehen.
2001: Pfr. Christian Poschenrieder betreut von Rappoltenkirchen aus Abstetten, im Pfarrhof wohnen nun geistl. Schwestern. Sie kümmern sich auch um die Kirche. Die Zusammenarbeit mit der Pfarre Rappoltenkirchen wird intensiviert. Der ehemalige Stall mit Schüttkasten wird generalsaniert und als Pfarrheim genutzt. Diese Investition erweist sich als großer Fortschritt und Segen für Pfarre und Ort. Zusammen mit dem gepflegten Garten ermöglicht es schöne Veranstaltungen, Feste und Begegnungen. Es ist nicht mehr aus dem Gemeindeleben wegzudenken.
2015: Nach der Abberufung von Pfr. Poschenrieder tritt Pfr. Dr. Robert Dublanski die Nachfolge an. Er betreut von Abstetten aus auch Rappoltenkirchen (mit der Filiale Kogl) und Ollern. Der Pfarrhof wird innen saniert und die Heizung nach 50 Jahren auf den neuesten Stand gebracht. In der Seelsorge werden besonders die Kinder und die Familien angesprochen. (Johann Westermayer)
Bauwerk: Wuchtiger spätgotischer ehemaliger Wehrkirchenbau mit barockisierter Fassade, erhöht inmitten des Friedhofes gelegen. Am einspringenden Chor mit 5/8 Schluß zwischen einfachen pultdachbedeckten Strebepfeilern barockisierte Spitzbogenfenster (mit entferntem Maßwerk), am Langhaus teilweise ebenfalls Spitzbogenfenster ohne Maßwerk oder barocke Rundbogenfenster. Vorgebauter mächtiger gotischer Westturm mit Schartenfenstern in den drei unteren Geschossen und Zeltdach, 19. Jh., nordseitig kleiner Vorbau mit ²1864" bezeichneten Türblatt, daneben prachtvoller spätbarocker Grabstein, 2. h. 18. Jh.. die Kirche war druch das Erdbeben des Jahres 1590 schwer beschädigt worden.
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Saalartiges, fast quadratisches, flachgedecktes, wahrscheinlich früher dreischiffiges Ende 16. und Ende 17. Jh. umgebautes Langhaus mit einfacher Stuckdekoration um 1800; ebenfalls seit dem Ende 17. Jh. flachgedeckte Westempore mit klassizistisch gegliederter Holzbrüstung um 1800. Einrichtung und Ausstattung: Prächtiger hochgestreckter hochbarocker Hauptaltar, 1. Hälfte 18. Jh., zweigeschossig mit übereck gestellten Doppelsäulen und zentralem Gnadenbild "Maria Hilf" - Kopie nach L. Cranach - in reichgeschnitztem Rokokorahmen, Strahlenkranz und Engelgruppen, flankierenden schönen polychromierten Statuen der vier Evangelisten, Aufsatzbild "Hl. Martin" und seitlichen Figuren der Hl. Katharina (links) und Barbara. Die liturgiegerechte Einrichtung des Altarraumes erfolgte in guter Anpassung an das barock geprägte Interieur im Jahre 1970. Rechts schönes spätbarockes Kruzifix, 2. Hälfte 18. Jh. und kelchförmiger barocker Taufstein aus Sandstein; Rokoko-Kanzel mit drei schönen reliefierten Kartuschen mit Darstellungen Christi und der Apostel Petrus und Paulus am hübsch gebauchten Korb und Engelgruppe am Schalldeckel, Mitte 18. Jh., in der Seitenkapelle kleiner Barockaltar mit Bild des hl. Florian, kleiner barocker sitzender Muttergottes mit Kind (Kopie der Pesenbacher Madonna) und seitlichen Figuren der hl. Nepomuk (links) und Antonius von Padua. An der rechten Schiffswand barocker Seitenaltar mit Gemälde "Hl. Familie" und qualitätvollen polychromierten Assistenzfiguren der hl. Joachim (links) und Anna, Ende 17. Jh., Kreuzwegbilder, Druck 1. Hälfte 19. Jh. Orgel: Einmanualige 10stimmige Orgel, Franz Strommer, 1885, restauriert durch G. Hradetzky, Krems, 1977. (Literatur: Hipp.-Jg. 1966, 44-46; WKNÖ, II, 128; LDSCH, 220).eckter hochbarockr Hauptaltar, 1. Hälfte 18. Jh., |
Nur noch wenige Bewohner können sich an das große Fest der Glockenweihe am Pfingstsonntag, 5. Juni 1949 in Abstetten erinnern. "Man gedachte der traurigen Vergangenheit und sprach von religiöser Erneuerung." (Dobersberger, Heimatbuch Abstetten 1987).
Im Jänner 1942 fielen auch unsere drei großen Glocken der Metallsammlung des Zweiten Weltkrieges zum Opfer. Nur die kleine Glocke, die Sterbeglocke aus dem Jahre 1793 blieb zurück.
Die drei großen Glocken 1, 2 und 3 bilden musikalisch gesehen einen Durdreiklang (G-Dur). Sie wurden 1949 von der Firma Pfundner in Wien gegossen. Die Glocke 4 ist seit jeher als Sterbeglocke gedacht, die alleine geläutet wird. Sie wurde 1793, also vor mehr als 230 Jahren, gegossen.
Glocke 1: Martini-Glocke
Durchmesser 100 cm, Gewicht 593 kg, Ton g'. Sie schlägt die vollen Stunden und trägt die Aufschrift:
"DEM GEDENKEN UNSERER GEFALLENEN GEWIDMET + ABSTETTEN + 1949" mit dem Bildaufdruck des Hl. Martin.
Glocke 2: Ave-Maria-Glocke
Durchmesser 80 cm, Gewicht 315 kg, Ton h'. Sie schlägt die 1/4 Stunden und trägt die Aufschrift:
"+ HEILIGE MARIA; BITTE FÜR UNS + ABSTETTEN IM JAHRE 1949" mit Bildaufdruck der Unbefleckten Empfängnis Mariens.
Glocke 3: Georgs-Glocke
Durchmesser 65 cm, Gewicht 167 kg, Ton d''. Diese Glocke wird zur hl. Wandlung geläutet und trägt die Aufschrift:
"+ HERR; GIB UNS FRIEDEN + ABSTETTEN 1949" mit dem Bildaufdruck des Hl. Georg.
Glocke 4: Versehglocke, Zügenglocke, Sterbeglocke
Durchmesser 46 cm, Gewicht 59 kg, Ton a''. Diese Glocke wird für Verstorbene geläutet und trägt die Aufschrift:
"MICH GOSS JOHANN GEORG FIELGRADER IN WIEN ANNO 1793" mit Bildaufdruck der Hl. Familie.
1137 Duringus von Pollheim
1189 Eberger
1310 Nikolaus von Österreich
1368 Hans von Traun
1424 Heinrich Stupper
1427 Christian Salma
1430 Hartung von Capell
1466 Andreas Grienberger
1471 Robert
1474 Paul Warn
1475 Peter Überacker
1481 Johann Mechelbach
1499 Georg Huebmer
1504 Wolfgang Thorer
1525 Melchior Eysenhart
1542 Niklas Kennauer
1549 Christoph Gassner
1549 Moriz Kobitsch (Abmünzer)
1567 Thomas Heiss (Heyss)
1576 Michael Hagenbuecher
1584 Christoph Hofer (Villanus)
1591 Hanns Christoph Halbmayr
1592 Jakob Schwendtner
1607 Johann Großthoman
1619 Gallus Letz
1623 Georg Huber
1623 Dr. Petrus Anton Mengin
1656 Leopold Decker
1665 Christoph Wilhelm Merz
1695 Richard Brackh
1695 Johann Georg Mösner
1696 Bernhard Umbaur
1701 Andreas Luchini
1718 Mathias Franz Lagler
1742 Kaspar Joseph Griebl
1758 Ignaz Schöller
1760 Johann Georg Kneydinger
1769 Johann Ortner
1802 Kaspar Buch
1842 Ignaz Summerer
1883 Franz Ehn
1894 Anton Lindenbauer
1908 Franz Klingenbrunner
1940 Johann Endl
1955 Johann Illek
1964 Dr. Eugen Kovacs
1965 Johann Nemeth
1997 Franz Großhagauer
und Johann Kohlendorfer
2001 Mag. Christian Poschenrieder
2015 Dr. Robert Dublanski
Die angeführten Jahreszahlen beziehen sich jeweils auf das Jahr des Beginns der priesterlichen Seelsorge in unserer Pfarre.
(Quelle: Dobersberger, Roland, Abstetten 1987, 1000 Jahre Ortsgemeinde, 850 Jahre Pfarre, Norka-Verlag, S.225ff)